Das Buch „Lauter Fremde! Wie der gesellschaftliche Zusammenhalt zerbricht“ beginnt mit einem Essay, mit dem Livia Klingl herausarbeitet, dass die Angst vor dem Fremden, zum Teil aus der Angst vor dem eigenen Bedeutungsverlust heraus entsteht. Dass das untere, arme Drittel unserer Gesellschaft in dieser kompliziert gewordenen global vernetzten Welt leichtfertig die „Fremden“ für den eigenen Abstieg verantwortlich macht – auch wenn dafür eher die US-Subprime-Krise 2008 herhalten sollte. Klingl zeigt weiter, dass sich die Begrifflichkeiten verändert haben: „Die Fremde und die Fremden, sie wurden über die Jahrzehnte umdefiniert von ‚interessant’ und ‚spannend’ auf ‚unzivilisiert’ und ‚bedrohlich’.“ Die ‚Fremden’ als Projektionsfläche.
Auf den Essay folgen 21 Interviews mit Menschen zum Thema Fremdheit und Fremdsein. Unter anderem mit der ORF-Moderatorin Silvana Meixner, dem Verleger Lojze Wieser, der Filmemacherin Nina Kusturica oder mit Staatssekretärin Muna Duzdar, die palästinensische Wurzeln hat. Es sind auch drei Flüchtlinge aus Afghanistan und Syrien unter den Portraitierten. „Mir ging es um die Frage: Was ist für jemanden fremd?“, sagt Livia Klingl zur Entstehungsgeschichte des Buches.
„Fremd fühlt man sich, wenn jemand einen ganz anders sieht, als man ist“, sagt eine der Portraitierten. Dennoch: „Es war sehr erfreulich zu sehen, wie viele Menschen einen sehr positiven Zugang zur Welt haben“, zieht Livia Klingl eine positive Erkenntnis aus ihrer Beschäftigung mit dem Thema Fremdheit. (jpl)
Livia Klingl: „Laute Fremde! Wie der gesellschaftliche Zusammenhalt zerbricht“ (Kremayer & Scheriau 2017, S. 208)