Eric Sanders – Emigration ins Leben (Czernin)

 

Dieses Buch ist wichtig. Denn die Zeitzeugen, die von jüdischer Emigration aus Wien in den Jahren 1938-45 aus erster Hand erzählen können, werden immer weniger. Gerade in Zeiten, wo in Europa rechte Parteien wieder Wahlen gewinnen, Antisemitismus vermehrt auftritt und es weltweit wieder eine große Fluchtbewegung gibt, sollten Geschichten wie die von Eric Sanders nicht in Vergessenheit geraten.

Sanders, der als Jude in Wien im 13. Bezirk aufwuchs und 1937 mit seinen Eltern vor den Nazis nach England flüchten musste, gelingt das seltene Kunststück einer geglückten Emigration, die auch im Buch-Untertitel „London und nicht mehr retour“ anklingt . Aus einem schüchternen Buben, dessen selbst komponierte Schlager ursprünglich in einem Wiener Theater aufgeführt werden sollten, wird im Laufe des Krieges ein Mann, der zuerst als Soldat für die britische Armee kämpft. Dort muss Eric Sanders auch seinen Namen in Eric Schwarz ändern.

In der Besatzungszeit kehrt Sanders für einige Zeit mit den siegreichen Engländern in seine alte, zerstörte Heimatstadt zurückkehrt. Später nimmt er die britische Staatsbürgerschaft an,  macht in England eine Ausbildung zum Lehrer und setzt sich in den nächsten Jahren für die Gesamtschule ein, nicht zuletzt weil sie Kindern aus Immigranten- und Arbeiterfamilien eine Chance gibt. Seit seiner Pension arbeitet der mittlerweile 98-jährige Sanders als Schriftsteller, Übersetzer und Drehbuchautor.

 

Traurige Fußnote: Seinen Bruder Alfred, von dem Eric Sanders während des Krieg getrennt lebte, weil ihn die Emigration nach Palästina verschlagen hatte, sah er nicht mehr lebend wieder. Ein geplantes Treffen im besetzten Italien 1944 kam nicht zustande, da Alfred auf dem Weg zum Treffpunkt in Rom einen tödlichen Autounfall verwickelt war. (rlf)