Dein neues Album heißt „Mythologies“. Mit welchen Mythen befasst du dich?
Für mein Album habe ich mich mit den griechischen Mythen von Arethusa, Charon und Circe befasst. Es gibt auch einen Song, der von Ovids römischen Mythos über Echo und Narziss inspiriert
ist. Darüber hinaus finden sich Elemente der irischen Mythologie in dem vertonten Gedicht Wandering Aengus. Weitere Songs berühren das Thema Mythos auf andere Weise.
Welchen Mythos findest du warum besonders spannend?
Es fällt mir schwer, einen einzigen Mythos herauszugreifen, da sie alle spannend sind und mich mehreren Bewusstseinsebenen beschäftigen. Aber ich könnte vielleicht den Arethusa-Mythos
besonders erwähnen, da viele Leute nicht so sehr mit ihm vertraut sind. In der suggestiven, bizarren Geschichte geht es um einen alten Flussgottes, der eine junge Wassernymphe verfolgt.
Die Wassernymphe entkommt ihm letztendlich, indem sie sich selbst in Wasser verwandelt. Ich denke, in diesem Mythos werden sehr viele Themen und Konflikte widergespiegelt, die auch in der
heutigen Zeit medial allgegenwärtig sind: Mann und Frau, Alt und Jung, Versuchung, Verlangen, Macht, Verfolgung, Flucht und Befreiung.
Was kann man aus Mythen für den Alltag lernen?
Ich habe den Eindruck, dass Mythen uns helfen können, bestimmte Paradoxe und Spannungen zu verarbeiten, die Teil unserer menschlichen Existenz sind. Schwierige Themen, denen wir immer
wieder begegnen und deren Problematik wir nicht komplett auflösen können, wie u.a. die Existenz des Bösen, von Gewalt, Tod, Sündenfall, die Spannungen zwischen den Geschlechtern oder
Schicksalsschläge. Mythen haben die Fähigkeit, unser Unbewusstes, aber auch unser Bewusstsein zu beeinflussen. Und weil Mythen oft Archetypen enthalten, bringen sie uns in Kontakt mit dem
kollektiven menschlichen Bewusstsein, das geografische und generationsübergreifende Grenzen überbrückt. Mythen bringen uns in Kontakt mit etwas Unvergänglichem.