kosteeswaseswolle.at

Interview mit Thomas Andreas Beck über das digitale Kunstprojekt kosteeswaseswolle.at

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Was ist die Idee hinter kosteeswaseswolle.at?
Die Idee dahinter ist maßlos: Ich wollte schon immer eine digitale Schreibmaschine. Jetzt, wo amtlich bekannt ist, dass Geld für uns alle keine Rolle mehr spielt, hab ich mir eine programmieren lassen, koste es was es wolle! In Zeiten abgesagter Lesungen und Konzerte ist das auch eine gute Möglichkeit, das Publikum daheim am Sofa selber vom Bildschirm ablesen zu lassen. Eintritt frei, natürlich. Was kostet die Welt!? Es trifft ja keinen Armen.

Warum hast du den Satz „Koste es, was es wolle“ hergenommen und für dein Kunstprojekt verwendet?
Mich begeistert die diesem Satz innewohnende, resignierende und zugleich großzügig, maßlose Haltung. Wer »koste es was es wolle« verinnerlicht hat, hat keine Angst mehr. Keine Verantwortung mehr, kann im Wirtshaus bestellen wie es ihm gerade Spaß macht, immer und überall laut sagen was auch immer es gerade sein mag, beleidigen, anbraten, rülpsen. Kann seine Steuererklärung abgeben wann es ihm passt – oder auch gerne gar nicht, wenn es ihm so besser gefällt. Er kann seine Registrierkasse daheim vergessen, Schwarzfahren und darauf vertrauen, niemals den Kredit zurück zahlen zu müssen.
Als der kluge Kanzler Kurz und sein müde wirkender Vize Kogler unisono diesen Satz in die ORF Kamera aufsagten, war ich noch empört. Einige Wutausbrüche später viel es mir wie Schuppen von den Haaren: Das ist die Lösung – für alle Probleme dieser Welt. Es darf kosten, es darf a bisserl mehr sein, wir werden schon keinen Richter brauchen. Meine österreichische Seele erfreut diese Botschaft. Endlich keine belastenden Schulden mehr, endlich keine Schuld, endlich so richtig Opfer sein. Opfer des göttlichen »ES«. Es wird schon für was gut sein. Als mir dann noch Dank der »Koste es was es wolle« Förderkriterien der Regierung klar wurde, gar kein Härtefall zu sein (sondern ein wohlhabender, reicher Einzelunternehmer und Künstler, der fest auf eigenen Beinen steht und seit zwei Jahrzehnten gerne jede Steuervorauszahlung pünktlich abliefert) wollte ich etwas Gutes tun, der Gesellschaft etwas zurück geben. Also verschenke ich meine Werke. Es gibt so viele die es sich nicht leisten können meine Bücher, Alben und Konzertkarten zu kaufen – in Zukunft werden es noch viel mehrere sein. Koste es was es wolle verschenke ich mich meine Texte.  

Wirst du die Texte auf der Website ständig erweitern oder auch mal reduzieren?
Reduzieren ganz sicher. Für den Start habe ich einerseits Texte aus meinen drei bisherigen Büchern in die Seite hinein geschrieben, andererseits viele neue Texte, die was für mein nächstes Buch (Arbeitstitel: Texte die was sogar mir peinlich sind) gedacht sind. Alles eigenhändig. Es war tagelange Arbeit, doch mit der richtigen Haltung ist das kein Problem.
Zukünftig wird kontinuierlich neuer, tagesaktueller Stoff hinzu kommen. Und ich werde, je nach Gefühlslage Texte aus- und einblenden. Es gibt Tage, da halte auch ich meine eigenen dunklen Gedichte nicht aus, es gibt Tage, da geh ich mir mit meinen klugen Sprüchen selber fürchterlich auf die Nerven. Da schalt ich’s dann einfach weg. Die Reihenfolge bestimmt sowieso immer der Zufall – also »ES«.
Neue Texte entstehen nach wie vor täglich auf meiner mechanischen Hermes Baby und werden dann ausgewählt in die digitale Schreibmaschine übertragen. Für mich ist das ein neuer Kanal statt Facebook, hier kann ich meinen Mitteilungsdrang viel konzentrierter leben und verdiene genau so nix dabei. (rlf)

 

>> www.kosteeswaseswolle.at