Der Wiener Singer-Songwriter dog&SCHWOAZ hat vor kurzem sein zweites Album „Locker und leicht schwer“ veröffentlicht. Gefeiert wurde der Release mit einem Konzert im „Davis“ in der Großfeldsiedlung. Erstmals war dog&SCHWOAZ hier in kraftvoller Trio-Besetzung samt Bass und Schlagzeug zu hören (siehe Live-Video!). Mehr über die Entstehung des neuen Albums und seine wichtigsten Inspirationen aus der Welt der Literatur hat uns dog&SCHWOAZ in folgendem Interview verraten:
Was war der größte Unterschied zwischen den Aufnahmen zu deiner Debüt-CD und jetzt dem neuen Album „Locker und leicht schwer“? Beim zweiten Album hast du ja z.B. zum Songschreiben viel weniger Zeit gehabt, nehme ich an?
Na ja, wenn ich es mit meinem Alter genau nehme, dann habe ich mir für mein Debüt-Album mehr als ein halbes Jahrhundert Zeit gelassen - das wäre dann so betrachtet, vermutlich Weltrekord. Da sind auch Songs wie "Hold Me" drauf, die 30 (!) Jahre gären konnten, bis sie fertig waren. Diesen Song habe ich übrigens jetzt auch deutsch gecovert, was eine eigenartige Erfahrung war.
Aber der größte Unterschied liegt zweifellos in der Produktionsdauer im engeren Sinn: Beim ersten Mal haben wir letztlich alles über einen Zeitraum von drei Jahren eingespielt und aufgenommen, für die aktuelle Platte sind wir für 6 Tage zwischen dem 10. und 30. Juli 2017 ins Studio gegangen. Dazu habe ich dann recht kurzfristig den Song "Konzert" bzw. "Konzert (Reprise)" geschrieben, damit das Konzept auch wirklich aufgeht. Das hat mich dann schon auch überrascht, wie schnell alles gehen kann. Man könnte also sagen, meine Produktionszeiträume verkürzen sich dramatisch, ich bin schon neugierig wie das beim nächsten Mal sein wird.
Du verarbeitest in deinen Songs auch immer wieder literarische Bezüge. Könntest du uns bitte drei Lieblingsautoren von dir verraten?
Vielleicht darf ich deine Frage in einem größeren Zusammenhang beantworten: Ein literarischer, also sprachlicher Bezug ist für mich zugleich ein musikalischer Bezug. Ein eindrücklicher Moment, in dem sich das für mich bestätigt hat, war die Nobelpreisrede von Elfriede Jelinek, die ihr Manuskript, das auf einem Notenständer lag, umhüllt von einer Partitur musikalisch-rhythmisch vorgetragen hat, die ihren Text noch einmal ganz anders erscheinen lässt, als wenn man ihn nur liest - das hat mich umgehauen! Ihr Nobelpreiskollege der Herr Zimmermann (Bob Dylan, Anm.), der nebenberuflich ja auch noch Musiker ist, hat das Nobelpreis-Komitee bekanntlich in eine ähnliche Begründung für die Preisverleihung an ihn hineingezwungen, nämlich dass in der Antike die Unterscheidung zwischen Musik und Text wenig bedeutsam gewesen sei. Text erzeugt Rhythmus, erzeugt Musik und Musik erzeugt sprachliche Gebilde wie sinnvolle Geschichten oder irgendwelche Lautgebilde (oder auch andersrum). In Anlehnung an die Philosophie: Die Grenzen meiner Sprache sind die Grenzen meiner Musik - und umgekehrt. Mein dritter Autorenliebling, kommentarlos: Franz Kafka natürlich.
Jetzt ist gerade dein 2. Album erschienen. Welche Ziele hast du mit deiner Musik? Wohin soll die Reise gehen?
Es ist eher die Reise durch die Landschaften selbst, als dass ich irgendeinen Ort unbedingt erreichen müsste. Man könnte sagen, dass mein größtes Ziel einige Zeit darin bestehen wird, diese Reise zu unternehmen und vieles, dem ich unterwegs begegne an- oder aufzunehmen. Es hat auch etwas von einem Experimentieren mit meinen Möglichkeiten. DAS ist purer Luxus. Das merke ich besonders dann, wenn ich - zukünftig hoffentlich noch mehr - live, solo oder mit Band, spiele: Die Songs verändern sich in einer Situation buchstäblich, wenn "sich" zum Beispiel die Texte spontan variieren oder wenn sich über die (Musik-)Performance plötzlich neue Bedeutungen ergeben, die vorher noch nicht absehbar waren. Also: Schauen, was geht - ähnlich dem leicht variierten Motto des letzten Songs auf dem neuen Album: „Zeast hinfliagn - kan Stern reißen...“ (rlf)
Aktuelles Album: Locker & Leicht (ShareMan)